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- Geschrieben von Captn Difool
Neuaufbau Sony PUA 1600 S
Mir fällt einfach kein besserer Tonarm mit SME-Kompatiblen Bajonett ein, daher mußte es dieser sein. Sicher gibt es noch "bessere" Tonarme, aber die kosten dann richtig Geld.
Beim Zerlegen fiel mir dann der Lagerschaden ins Auge, welcher auch die Ursache war, das der Tonarm vertikal kaum pendeln wollte. Eines der beiden Saphirlager war durch unsachgemäßen Umgang zersprungen, auch die Lagerspitzen aus gehärteten Stahl war nicht mehr die besten, es gibt wohl kaum noch einen PUA-1600 mit unversehrten, originalen Lagerspitzen, diese sind auch sehr empfindlich und wohl nur wenige Besitzer machten sich da Gedanken drum.
Wenn ich den Tonarm schon zerlegen und neu aufbauen muß, sollte er gleich noch den Möglichkeiten nach verbessert werden. Vor allem sollten alle Gummiübergänge durch feste, harte Verbindungen ersetzt werden, was der Dynamik und Konturzeichnung zu gute kommt. Die Spitzenlagerung ermöglicht extrem geringe Lagerreibung, welche auch horizontal durch die unten gezeigten Maßnahmen deutlich verbessert werden soll, hier gewinnt vor allem die Feindynamik und Zeichnung feinster Details.
Neue Vertikallagerung
Man erkennt deutlich das gesplitterte Saphirlager. Offenbar erfolgte her ein harter Stoß von oben.
Ebenso haben auch die Lagerspitzen schon sehr gelitten. Hier bereits im von mir nachträglich geschliffenen Zustand, aber sie waren durch das erzwungene Nachschleifen schon etwas zu kurz geworden. Zudem brauchte ich auf einer Seite ein längeres Gewinde nach unten...
So blieb mir nichts anderes, als neue Saphirlagerschalen bei einem Spezialunternehmen in Süddeutschland zu bestellen, das war kein billiges Vergnügen. Da ich auch Keramikkugellager für den horizontalen Bereich verbauen wollte, entschied ich mich, das Antiskating ebenfalls neu zu bauen, um die geringe Lagerreibung der Keramikkugellager nicht unnötig zu beeinträchtigen.
Die Edelsteinlagerung mußte ich komplett neu anfertigen. Sony hatte offenbar die Lager von einem Zulieferer für mechanische Meßgeräte angekauft, denn die Lagerschalen sind in Feingewindeschrauben eingelassen, so wie sie für justierbare Lager in Meßgeräten üblich sind. Dabei handelt es sich hier um Madengewinde, die in einem Schraubenkopf eingeklebt wurden. Weder der Kopf noch der Edelstein ließen sich entfernen, sie wurden wohl sehr gut verklebt. Also fertigte ich Schrauben mit M4-DIN-Gewinde nach, hier mußte an der Schraubenspitze ein planes Loch für den Edelstein eingedreht werden, das ist alles andere als einfach, da sich eine Schraube am Kopf nur mit großen Schwierigkeiten einigermaßen rundlaufend in die Drehmaschine spannen läßt. Die Schrauben haben einen Inbus und sehen daher anders als das Original mit zwei Mintnehmerlöchern aus
Links die intakte Orignalschraube, rechts der Nachbau. Die Grate an der Schraube wurden später noch entfernt.
Die Halterung im Original war eine passende Messingbuchse mit Feingewinde, welche sich konisch zum von oben befindlichen Saphirlager verjüngt. Damit wird die Lagerspitze zum Lager beschädigungsfrei geführt. Gehalten wird das Ganze von einer dämpfenden, weichen Gummimanschette.
Dieses ersetzte ich durch ein 8mm Rundprofil aus Aluminium, welches exakt in die Bohrungen der Gummimanschettenaufnahme paßte und so zugleich zentrierte.
Hier die Ansicht mit den Lagerschrauben bereits montiert. Man erkennt innen die beiden neuen Saphirlager.
In einem ersten Versuchsaufbau wird dann die Funktion mit den Lagerspitzen geprüft.
Dann kamen die Gegenstücke, neue Stahlspitzen aus gehärteten Werkzeugstahl. Ein Gewinde wurde länger ausgeführt, welches später eine Gewindebuchse für den Ausleger des Antiskating tragen wird. Die Lagerspitzen fertigte ich aus 3mm-Werkzeugstahl an, Rundprofil. Erst wurden Gewinde aufgeschnitten, dann die Spitze eingeschliffen, dann gehärtet und abschließend feingeschliffen.
Links die originalen Lagerspitzen, rechts die neu angefertigten. Ich habe gleich vier gemacht, damit ist dann auch der PUA-1600 L versorgt.
Neues Antiskating
Das Antikskating war ursprünglich ein kleines Kugellager, welches eine Wippe antrieb. Die Wippe hat nur ein Bronzegleitlager. Damit die Lagerreibung erheblich reduziert wird, entschied ich mich zu einer spitzengelagerten Rolle. Hier ist die Lagerreibung so gering, das sich die Achse stets dreht, wenn der Faden mit dem Antiskatinggewicht drüber läuft. Viele Hersteller ließen den Faden nur durch eine Öse rutschen. Um die Reibung noch ein wenig zu reduzieren, bekam die Achse ein Rädchen, welches den Hebel etwas vergrößert. Damit macht sich die zusätzliche Reibung durch das Antikskating kaum noch bemerkbar. Die Anordnung entlehnte ich vom Thorens TP25 Tonarm, der später auch die Basis zum EMT 929 bildete.
Die Halterung für die Antiskatingeinrichtung paßte ich optisch dem Basisteil des PUA an und bekam eine schwarze Lackierung.
Als Material diente ein Aluminiumprofil. Durch eine Madenschraube kann die Lagerspannung genau eingestellt werden.
Lagerachse für das Rädchen, über das der Antiskatinggewichtsfaden geführt wird.
Mit Rädchen aus POM, welches den Faden führt.
Paßprobe, es muß noch ein Loch für das Antiskatinggewicht in die Basis gebohrt werden und wurde bereits markiert. Die Lagerreibung dieser Konstruktion ist so gering, das selbst die Achse mit direkt aufgelegten Faden bei Bewegung noch dreht. Das Rädchen vergrößert den Hebel und verringert damit nochmals die effektive Lagerreibung.
Innenbedämpfung des Tonarmrohres
Als nächstes kam das Tonarmrohr. Es ist im Original weitgehend unbedämpft, eine bedämpfende Wirkung hat die Gummimuffe am Achsenkreuz, auf der das Rohr aufgeschoben ist. Diese ist eine der vier Gummibarrieren, die Resonanzen dämpfen sollen, leider auf Kosten der Impulstreue, denn die Impulse werden von den Gummis etwas weggefedert.
Ein Stück Balsaholz soll ähnlich wie bei den SME-Klassikern eine dämpfende Wirkung im Armrohr bewirken. Da im Baumarkt kein Rundmaterial verfügbar war, nahm ich ein 10x10mm_Stück und drehte es auf der Maschine passend rund.
Neue Tonarmrohrbefestigung
Weiter geht es mit der Neumontage des Tonarmrohres. Hier gefiel mir die originale Befestigung mit einer relativ weichen Gummimuffe nicht. Zur Erhöhung der Dynamik entschied ich, diese durch ein Aluminiumteil zu ersetzen.
Hier die originale, verleimte Gummimuffe, die ich gewaltsam durch gefühlvolles "abreißen" des Tonarmrohres entfernen mußte. Dabei stülpte sich die Muffe von innen nach aussen.
Erste Montageprobe und Ausrichtung des Rotationswinkels am Rohr.
Neues Gegengewicht
Der Tonarm wurde mit einem eigentlich zu schweren Gegengewicht erworben, welches zum PUA-1600 L gehört. Zum Ausbalancieren/Einstellen eines eher leichten Magnettonabnehmers ist es bereits zu schwer. Daher fertigte ich ein neues Gewicht aus Messing an, dessen Tiefe von 13mm an den Aussenkanten aus Fotos ermittelt wurde. Zugleich fertigte ich auch neue Zusatzgewichte an, sowohl für den "S" als auch den "L". Das spart Zeit bei der späteren Überarbeitung des "L".
Nach der Abstufung wurden die Bereiche gekennzeichnet, welche abgetrennt wurden, daraus entstehen dann die einzelnen Gewichte.
Neues Hauptgegengewicht, welches in seiner Art und Ausführung dem Original nachgeahmt wurde.
Nun geht es ans Galvanisieren. Eine echte Vernickelung ging leider nicht, da aus Umwelt- und Entsorgungsgründen ein echter Elektrolyt nicht an Endverbraucher geliefert wird. So begnügte ich mich mit einem Abscheidegemisch, welches passiv durch chemische Abscheidung das Messing beschichtet. Kupferhaltige Legierungen nehmen aber Nickel nicht an, daher muß eine hauchdünne Zwischenschicht aus Palladium als Haftvermittler aufgebracht werden, nach praktisch gleichem Verfahren. Ich bastelte mir aus Draht eine Halterung, damit die Teile möglichst frei stehen und zugleich kaum Berührung haben.
Die Nickellösung muss fast kochen, damit der Abscheideprozess in Gang kommt.
Steigen Bläschen auf, funktioniert der Prozess.
Nach ca. 15min war die Schicht genügend, die Oberfläche gleichmäßig.
Die Farbe ist leicht gelblich im Stich, aber insgesamt paßt das deutlich besser als pures Messing. Aus einer Felgeneinlage für Fahrradfelgen habe ich einen neuen Gleitkunststoff zugeschnitten, so hat das Gegengewicht wie das Original einen satten Sitz und läßt sich gut verschieben.
Neue Horizontallagerung
Damit auch die Horizontallagerung möglichst reibungsarm arbeitet, wurden die herkömmlichen Kugellager durch Vollkeramiklager ersetzt, diese haben eine spürbar geringere Lagerreibung. Die Schmierung habe ich mit einer Benzinwäsche entfernt, bei einer knappen Vierteldrehung in Zeitlupe ist keine Schmierung nötig und würde das Losbrechmoment der Lager nur verschlechtern.
Neue Innenverkabelung
Damit ist der Tonarm mechanisch praktisch fertig und kann montiert werden, bleibt nur noch die innere Verkabelung.
Wir sehen hier das nochmals abgenommene Tonarmrohr, wo eine feine HF-Litze mit 10x0,04mm, einzeln isoliert eingeführt wird. Zum besseren Schutz geht jeder Kanal durch einen PVC-Schlauch.
Die blaue Masseleitung wurde noch durch ein HF-Draht ersetzt, der deutlich den mechanischen Widerstand in der Beweglichkeit reduzierte. Nach anfänglichen Versuchen mit einer Durchverkabelung entschied ich mich doch für die solide und bewährte Verkabelung mit Tonarmstecker.
Montage
Es folgt die "Hochzeit" zwischen Laufwerk Technics SL-1410 MkII und Tonarm.
Alle Teile an der Trägereinheit wurde wieder montiert und ausgerichtet, auch die Antiskatingeinrichtung. Der Faden ist noch vorlaufig, es kommt hier noch die endgültige Lösung. Als Antiskatinggewicht verwende ich eine Hutmutter, die durchbohrt ist. Sie hat ein M3-Gewinde und kann nach unten mit Schrauben und Muttern als Gewichtstrimmung erweitert werden.
Im direkten Hörvergleich gelang es dem Sony PUA-1600 S in hier gezeigter Veränderung dann auch, sich deutlich hörbar vom den Koshin GST-801 abzusetzen, durch feinere Detailzeichnung. Neben MC- gewinnen auch MM-Tonabnehmer deutlich an Wiedergabevermögen. Durch die Zusatzgewichte leicht und schwerer läßt sich eine große Palette von Headshells einstellen.
Zusammenfassend noch einmal die Liste der Änderungen
- Neue Spitzenlagerung Vertikal mit neuen Stahlspitzen und neuen Saphirlagerschalen
- Neue Horizontallager aus Vollkeramikkugellagern
- Neues, sehr reibungsarmes Antikskating
- Tonarmbedämpfung mittels Balsaholz
- Entfernung aller Gummiübergänge und Ersatz durch Aluminium, Tonarmbasis ohne Gummiunterlage, Headshell ohne Gummiring.
- Neues Gegengewicht, da das leichtere Originalgegengewicht nicht verfügbar war.
- Neue Innenverkabelung aus HF-Litze, sehr niederohmig.
In ähnlicher Weise, bis auf die Saphirlager wird der größere Bruder PUA-1600 L ebenfalls umgebaut werden, ein gesonderter Bericht wird zu gegebener Zeit folgen.